Goiserer Sagen

Das Höllenloch in Anzenau

Diese Sage erzählt uns, daß eine hübsche Jägerstochter namens Anna beim Erdbeersuchen dem bösen Geist begegnete.

Nach einer Schil­de­rung Anton Rosen­au­ers in der Bro­schü­re „Goi­sern“ (1910)

Die­ser erschien als sau­be­rer, jun­ger Jägers­mann, schmei­chel­te ihr und schenk­te ihr ein kost­ba­res Per­len­band. Nach­dem er ihr in den fol­gen­den Tagen noch öfter erschie­nen war, wuß­te er durch kost­ba­re Gen­schen­ke das Mäd­chen ihrem Vater und ihrem Bräu­ti­gam Georg abspens­tig zu machen. Er bewog Anna, mit ihm das Höl­len­loch zu betre­ten. In die­sem ange­kom­men, sah sie plötz­lich das fins­te­re Loch in eine mär­chen­haft aus­ge­stat­te­te juwe­len­rei­che Grot­te ver­wan­delt. Klei­ne Die­ne­rin­nen erschie­nen und schmück­ten das Mäd­chen mit Sei­de, Pur­pur und Gold und zeig­ten der Jägers­toch­ter alle fun­keln­den Kost­bar­kei­ten des geheim­nis­vol­len Rau­mes. Anna leb­te hier nun in Freu­den, wäh­rend ihr Vater aus Kum­mer über das Ver­schwin­den sei­nes Kin­des starb. Wan­de­rer und Wald­ar­bei­ter sahen seit der Zeit am Ein­gan­ge der Höh­le ein feen­haf­tes Wesen sit­zen, bemüht, die Vor­über­zie­hen­den durch weit­hin­blin­ken­de Edel­stei­ne und ande­res Blend­werk in die Höh­le zu locken. Die Ver­führ­ten waren dann ret­tungs­los ver­lo­ren. Ein­mal ging Annas eins­ti­ger Bräu­ti­gam vor­über. Die­sen woll­te Anna – denn sie war die Höh­len­fee – scho­nen. Der böse Gebie­ter aber bemerk­te  dies und eifer­süch­tig warf er einen Stein nach dem Wan­de­rer. Anna, der das sün­di­ge Leben längst zur Qual gewor­den, bat den bösen Geist, sie auch zu töten. Der aber ver­bann­te sie mit höh­ni­schen Wor­ten ins Inne­re der feuch­ten, kal­ten Fel­sen wo sie, ent­beh­rend aller Güter und Freu­den und von Feu­er­geis­tern gequält wei­ter leben muß.

Dies ist die eigent­li­che Sage. Fast alles Ande­re, was vom Höl­len­loch erzählt wird, die vie­ler­lei Ver­su­che Leicht­gläu­bi­ger, in der Höh­le Schät­ze zu fin­den, wobei es auch zu tra­gi­schen Unglücks­fäl­len kam – der letz­te der­ar­ti­ge Fall ereig­ne­te sich im Jah­re 1788 – gehö­ren nicht mehr ins Gebiet der Sage, son­dern zu tat­säch­li­chen Bege­ben­hei­ten.

Die alte Behaup­tung, das Höl­len­loch habe einst nahe beim Gast­haus zum Gams­feld einen zwei­ten Aus­gang gehabt, beruht auf einem Irr­tum. Es gab da ein­mal einen Berg­stol­len – wahr­schein­lich ist auf Blei­erz geschürft wor­den. Der aber dann wegen Uner­gie­big­keit des Betrie­bes zuge­schüt­tet wor­den ist.

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